Die hochbetagte und schwerkranke Witwe des verstorbenen Justizopfers John Demjanjuk, die inzwischen 87-jährige Vera Demjanjuk hat das Bundesverfassungsgericht um Hilfe angerufen (BVerf 2 BvR 1933/12), um den guten Ruf, die Ehre, das Ansehen und die Unschuld ihres verstorbenen Mannes wieder herstellen zu lassen. Sie ist entschlossen, gegen das skandalöse und rechtsstaatswidrige Urteil des Landgerichts München II auch den Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu gehen, wenn ihr das Bundesverfassungsgericht die ihr nach den fundamentalen Menschenrechten zustehende Hilfe verweigert.
Sie
hat damit ihre “Operation Last Chance“ begonnen.
Der im März 2011 verstorbene John Demjanjuk wurde trotz vom Bundesinnenministerium erlassener Einreisesperre gegen ihn und trotz der eindeutig entgegenstehenden Rechtslage in der Bundesrepublik - Nichtdeutsche werden bei Verdacht von Nazistraftaten im Ausland von der Bundesrepublik nicht strafrechtlich verfolgt - illegal in die Bundesrepublik zwangsdeportiert und vor dem Landgericht München II angeklagt, Naziverbrechen begangen zu haben. In einem einmaligen Schauprozess unter massiven Verstößen gegen tragende Grundsätze des Rechtsstaatsprinzips und des Strafprozesses wurde er vom Landgericht München II im Mai 2011 zunächst verurteilt.
Gegen jede Beweislastregel des Strafprozesses, unter Missachtung bestehender maßgeblicher Bestrafungs- und Verfassungsverbote des deutschen Strafrechts, unter Missachtung des Freispruches in Israel und der Einstellung des Verfahrens in Polen sowie unter Missachtung der eindeutigen Beweisergebnisse der Hauptverhandlung, dass weder seine Anwesenheit in Sobibor an den Tattagen noch eine irgendwie auf Beihilfe zum Mord gerichtete Tätigkeit nachweisbar waren, wurde John Demjanjuk in einem skandalösen Urteil wegen angeblicher Beihilfe zum Mord an rund 28.000 Juden verurteilt.
Unter Verdrängung aller Beweisergebnisse wurden eine Anwesenheit des Angeklagten und eine Mitwirkung ohne jeden Beweis und ohne jedes Beweismittel unterstellt und fingiert, und damit die Unschuldsvermutung sowie der Zweifelssatz als tragende Prinzipien des Strafprozesses geradezu auf den Kopf gestellt.
Das Landgericht konnte gar nicht ausschließen, dass John Demjanjuk gar kein Trawniki war, nicht zur Kompanie der Trawnikis gehörte, die den Vernichtungsprozess an den Tattagen durchführte, konnte nicht ausschließen, dass er schlief, gar nicht anwesend war, sich außerhalb des Lagers befand oder in einem Außeneinsatz war oder aber im Sonderurlaub oder Heimaturlaub.
Nichtstun, Schlafen oder Abwesenheit kann nach deutschem Recht weder Beihilfe sein noch schuldhaftes Handeln bedeuten.
Für jeden Beobachter des Prozesses und für jeden Prozessteilnehmer musste offensichtlich sein, dass John Demjanjuk nicht verurteilt werden konnte, genauso wie dies bereits der Höchste Gerichtshof in Israel ausdrücklich festgestellt hatte und die polnischen Strafverfolgungsbehörden mit Bindungswirkung für alle Europäischen Länder einschließlich Deutschland. Man kann das Urteil des Landgerichts München nur als das bezeichnen, was es ist:
Ein
Justizskandal.
Hinzu kommt, dass das Urteil des Landgerichts München II niemals rechtskräftig wurde, weil der Angeklagte während des Instanzenzugs gestorben ist. Er hat damit den ihm im Instanzenzug garantierten Rechtsschutz niemals erhalten und konnte ihn auch von vorne herein nicht erhalten, zumal er als schwerstkranker 89-jähriger Mann in die Bundesrepublik zwangsdeportiert wurde und damit für jedermann offenbar und sicher war, dass das Verfahren nicht mit einem rechtskräftigen Urteilsspruch, sondern mit dem Tod des Angeklagten enden würde. Dass das Verfahren gleichwohl durchgeführt wurde, war an sich schon objektiv menschenverachtend und ein Verstoß gegen die Verfassung.
Als der Tod des Angeklagten eintrat, war dies für die Bayrische Justiz eine Katastrophe. Denn jetzt war
der Millionen EURO teure Prozess geplatzt und das gesamte Geld in den Sand gesetzt
Das nicht
rechtskräftige Urteil war automatisch wirkungslos und geriet
automatisch in
Wegfall. Statt dessen griff erneut und zwingend die Unschuldsvermutung,
wonach
die Bayrische Justiz den Angeklagten für unschuldig und unverurteilt
erklären
und ihn rehabilitieren musste. Hierzu gab es dann eine mehr als dünne
Erklärung
der Pressestelle des Oberlandesgerichts, in dem diese neue Rechtslage
zögerlich
zugegeben wurde.
Darum scherte sich
aber niemand, insbesondere nicht die Presse, die fast unisono weiterhin
vom
„verurteilten Naziverbrecher John Demjanjuk“ berichtete und den
Verstorbenen in
seinem Ruf und in seinem Ansehen weiterhin ungehindert kränkte und
verletzte.
Verantwortliche Medien, wie die Süddeutsche oder Die Zeit schwiegen und
schweigen zu dieser völligen Verzerrung und Verdunklung der wahren
Rechtslage
sowie der Verdrehung der Unschuldsvermutung.
Im August 2012
brach dann auch die Ludwigsburger Zentralstelle ihr langes Schweigen.
Nach Urteilsverkündung hatte die Stelle noch vollmundig berichtet, es sei nun eine neue Prozesswelle gegen NS-Kriegsverbrecher zu erwarten. Man stünde bereit, brauche jedoch die Bestätigung des Urteils des Landgerichts München II durch den Bundesgerichtshof.
16 Monate später ist von der Prozesslawine keine Rede mehr, sondern nur noch von der Möglichkeit eines oder zweier Prozesse gegen Ausländer aus dem Ausland mit ausländischer Staatsangehörigkeit, ohne dabei mitzuteilen, ob der ausländische Staat denn überhaupt bereit ist, den ausländischen Verdächtigen auszuliefern und an die Bundesrepublik zu überstellen.
Obwohl anstatt der Prozesslawine nur noch bescheidene Wunschvorstellungen und in ferner Zukunft liegende angebliche Aussichten beschworen werden, ist es um so schlimmer, dass die Zentralstelle nunmehr ins „gleiche Horn wie die Presse“ stößt und unter Verstoß gegen die Unschuldsvermutung und unter Verstoß gegen die Nichtexistenz der Verurteilung des angeklagten John Demjanjuk das weggefallene und wirkungslose Urteil des Landgerichtes München II als
Dammbruch
bejubelt und es gegen besseres Wissen und gegen
das Gesetz als existent und wirksam feiert.
Das Urteil lasse einen Schuldspruch auch ohne individuellen Schuldnachweis zu, was nichts anderes heißt, dass die bloße Zugehörigkeit zu einer Einheit, die Kriegsverbrechen verübt habe ausreicht, wegen Beihilfe zu diesen Kriegsverbrechen zu verurteilen. Nach der Prozesslawine der Dammbruch, ein Begriff, der die absurde Vorstellung erwecken soll, als würden sich nunmehr Fluten von Naziprozessen über unser Land ergießen. Es ist so gut wie sicher, dass es in Zukunft wie vor der Strafverfolgung gegen Demjanjuk keinen einzigen und keinen zweiten Prozess gegen angebliche ausländische Kollaborateure der Nazis geben wird und allein John Demjanjuk im Wege unzulässiger Sonderverfolgung auf politischen Druck ausländischer Kräfte hin vor ein deutsches Gericht gestellt wurde und zwei Jahre lang als Schwerstkranker zu Unrecht Untersuchungshaft erleiden musste.
Die Witwe des Verstorbenen hat in ihrer 23-seitigen Verfassungsbeschwerde das Bundesverfassungsgericht inständig um Hilfe gebeten. Das hoch angesehene deutsche Gericht soll verhindern, dass der von der Zentralstelle beschworene Dammbruch – in Wirklichkeit Zusammenbruch des Rechtsstaatsprinzips und der Unschuldsvermutung - nicht erfolgt. Das Bundesverfassungsgericht wurde von der Witwe gebeten, die Schwerstverstöße der Justizbehörden und des Landgerichts München II im Prozess gegen ihren verstorbenen Mann John Demjanjuk festzustellen und festzuhalten, um daraus die einzig mögliche Konsequenz zu ziehen:
Klarzustellen und festzustellen, dass ihr Mann, John Demjanjuk, illegal und unter Verletzung maßgeblicher und tragender Grundsätze der Verfassung der Bundesrepublik und der Europäischen Menschenrechtskonvention vom Landgericht München II in der denkbar unfairsten Weise gesetzeswidrig verurteilt wurde und deshalb voll zu rehabilitieren ist, ferner die Fachgerichte anzuweisen, das Urteil des Landgerichts München II – ein Alptraum für das Rechtsstaatsprinzip und den Grundsatz in dubio pro reo – auch formell aufzuheben und das krasse Fehlurteil ein für allemal aus den Geschichtsbüchern der deutschen Justiz zu löschen.
Dr. Ulrich Busch
Rechtsanwalt