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Katriuk | Critiques
Rosenheim Public Prosecutor | 12Jun2012 | Ulrich Busch
[W.Z.
To protect the privacy of the individuals named in the Complaint, their
names have been replaced by #1 to #10. The Complaint suggests that the
improper utilization of the drug Novalgin contributed to Mr.
Demjanjuk's premature death.]
Sohlstättenstraße 121
40880 Ratingen-Tiefenbroich
Telefon: 02102-46760
Telefax: 02102-447821
Postbank Essen
602 41-435 (BLZ 360 100 43)
Rechtsanwalt
Dr. jur. Ulrich Busch
RA Dr. Busch .
Sohlstättenstraße 121 . 40880 Ratingen
Einschreiben /
Rückschein
Staatsanwaltschaft Traunstein
Zweigstelle Rosenheim
Königstraße 7
83022 Rosenheim
12 Juni 2012
Eilt sehr, bitte
sofort
vorlegen!
Fax-Nr.: 08031 / 8074 -
502
In der Todesermittlungssache
John Demjanjuk,
geb. 3.4.1920
AZ: 940 UJs 3470/12
reiche ich anliegend die mir überlassene Ermittlungsakte mit Dank und
zu meiner Entlastung zurück. Die
geringfügige Überschreitung der Rückgabefrist bitte ich zu
entschuldigen, da ich durch Strafsachen in Bielefeld
und Dortmund terminlich erheblich eingeschränkt war.
Namens der Witwe des Verstorbenen sowie namens des Sohnes des
Verstorbenen, deren Vollmachten bereits bei der Akte
sind, erstatte ich nunmehr
S t r a f a n z e i g e
und stelle
S t r a f a n t r a g
wegen des Verdachts auf
Totschlages, vorsätzlicher
Körperverletzung, fahrlässiger
Körperverletzung, unterlassene Hilfeleistung
sowie
alle anderen in
Betracht kommenden Straftaten.
Die Strafanzeige und der Strafantrag richten sich insbesondere gegen
1. Herrn Dr. med. #1,
2. Prof. Dr. med. #2,
3. Privatdozent Dr. med. #3,
Adresse wie unter 2.,
4. Stationsarzt Dr. med. #4,
Adresse wie unter 2.,
5. Standortleiter Dr. med. #5,
Adresse wie unter 2.,
6. Altenpfleger #6.
Soweit zur Bearbeitung des Verdachts die Einholung von
rechtsmedizinischen Gutachten erforderlich sind, werden
folgende Sachverständige ausdrücklich wegen Besorgnis der Befangenheit
abgelehnt:
1. Prof. Dr. med. #7,
2. Frau Dr. rer. biol. #8,
zu laden wie unter 1.,
3. Prof. Dr. #9,
zu laden wie unter 1.
Ferner beantrage ich:
1. Der Eingang dieser
Strafanzeige und dieses Strafantrages werden mir
ausdrücklich bestätigt.
2. Die Ermittlungen werden aufgenommen.
3. Dem Unterzeichneten wird Akteneinsicht vor Abschluss der
Ermittlungen gewährt.
4. Die Witwe des Verstorbenen sowie ihr Sohn werden als Nebenkläger
zugelassen.
B e g r ü n d u n g :
A.
I. Die Vorgeschichte
Die Vorgeschichte ergibt sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. #7 vom 4.5.2012.
Danach ist von Folgendem auszugehen:
1. Der 91 Jahre alt
gewordene John Demjanjuk ist am 17.3.2012 gegen
4.55 Uhr tot in seinem Bett liegend
aufgefunden worden. Er ist seit 2011 in einem Pflegeheim in Bad
Feilnbach wohnhaft gewesen. Er ist im Pflegeheim
von seinem Hausarzt ärztlich versorgen worden. Im Januar 2012 (18. –
20.1.) sei er im Klinikum Harlaching
behandelt worden, therapeutisch sind zwei Erythrozytenkonnzentrate
verabreicht worden, Grunddiagnose ist ein
Myelodysplastisches Syndrom.
2. An weiteren Diagnosen werden vermerkt: Niereninsuffizienz Stadium 3,
Athritis Urica, degenerative
Wirbelsäulenveränderungen mit chronischen Wirbelsäulenschmerzsyndrom,
Verdacht auf Kniegelenksarthrose beidseits,
Obstipationsneigung, Verdacht auf coronare Herzerkrankung, Zustand nach
non-STEMI 6/2011 mit konservativer
Therapie, Diabetes mellitus Typ 2.
3. Herr Demjanjuk ist am 16.3.2012 gegen 23.45 Uhr letztmalig lebend
gesehen worden, er hätte geläutet und über
Magen- bzw. Brustschmerzen geklagt. Nach Rücksprache mit seinem
Hausarzt sind Herrn Demjanjuk Novalgin Tropfen
verabreicht worden.
II. Medikation von Herrn
Demjanjuk laut Seniorenheim St. Lukas
Die Medikation von Herrn Demjanjuk ergibt sich ebenfalls aus dem
Gutachten von Prof. #7.
- Allopurinol
300
1-0-0-0
- Glucobay 100
1/2-0-1/2-0
- Isoket Retard 20 mg
1/2-1/2-0-0
- Novalgin 500
1-1-1-1
- Metoclopramid
30-30-30-0 gtt ( = Tropfen )
Als
Bedarfsmedikation ist angegeben:
- Colchicin
Bei Gichtanfall 2, Maximaldosis (24 Stunden): 3 x 2
III. Diagnose von Herrn
Demjanjuk laut Seniorenheim
Auch hier kann wieder auf das Gutachten von Prof. Dr. #7 verwiesen
werden.
Es heißt hier:
- Myelodysplastisches
Syndrom mit progredienter Anämie
- rezidivirende Gichtanfälle bei Hyperurikämie
- Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention
- Hyperglykämischje Stoffwechsellage
- Diabetes mellitus Typ 2
IV. Toxikologische
Untersuchung durch Prof. Dr. #7 vom 19.3.2012
Auch hier kann wieder auf das Gutachten zurückgegriffen werden. Soweit
in diesem Zusammenhang von Interesse,
wurden folgende Substanzen nachgewiesen:
4-Methylaminoantipyrin
Konzentration: Nachweisbar Kalibrierbereich offen gelassen
Metoclopramid
Konzentration: 71 Kalibrierbereich 10-400
V. Schlußfolgerungen
durch Prof. Dr. #7
Auch in diesem Zusammenhang kann auf das Gutachten von Prof. Dr. #7,
Seite 8, zurückgegriffen werden.
Die Begutachtung lautet wie folgt:
Die bei der
toxykologischen Untersuchung erhobenen Befunde zeigen, dass
Herr Demjanjuk Metazinol und Metoclopramid
aufgenommen hat.
Nebenbefundlich wurde bei der Untersuchung der Urinprobe Coffein als
typischer Bestandteil coffeinhaltiger
Getränke nachgewiesen.
Der Nachweis von 4- Methylaminoantipyrin belegt die Aufnahme von
Metamizol, einem mittelstarken, nicht opioiden
Schmerzmittel, das beispielsweise in dem Handelspräparat Novalgin
enthalten ist. Nach den uns zur Verfügung
stehenden Unterlagen hat Herr Demjanjuk diese Arzneimittel regelmäßig
erhalten. Auf eine Quantifizierung wurde
zunächst verzichtet. ...
VI. Ergebnis des
Gutachtens
Im Gutachten heißt es dann auf Seite 9 / 10:
Das Ergebnis der
toxikologischen Untersuchung sowie der Untersuchung
des Blutes auf Alkohol ist somit nicht
geeignet, den Eintritt des Todes von Herrn Demjanjuk zu erklären.
B.
Das Gutachten von Prof. Dr. #7
und seiner Kollegen ist medizinisch
unvertretbar.
I. Die Einnahme von
Novalgin
Aus dem Stammblatt des Seniorenheims St. Lukas ergibt sich, dass der
Verstorbene spätestens, beginnend ab
10.9.2011, täglich morgens, mittags, abends und nachts je 500 mg
Novalgin mit dem Wirkstoff Metamizol verabreicht
bekommen hat. Die Eintragung im Stammblatt lautet wie folgt:
Novalgin
500
1 1 1 1 /- täglich
Wirkstoff: Metamizol
Tabletten Medikamente verabreichen
vorbereiten
Start am 10.09.2011 HDZ: SG angeordnet von: Krankenhaus Speicherzeit
10.09.2011 18:22:56 bestätigt durch: DRS am
19.12.2011
II. Gegenanzeigen bei
Einnahme von Novalgin
Nach dem Beipackzettel / Gebrauchsinformation: Information für den
Anwender heißt es bei Ratiopharm wie folgt:
Warnhinweis:
Novaminsulfon-ratiopharm enthält das Pyrazolon-Derivat
Matamizol und besitzt die seltenen, aber
lebensbedrohenden Risiken
des Schocks (plötzliches Kreislaufversagen)
und der Agranulozytose (schwere Erkrankung
aufgrund einer starken
Verminderung bestimmter weißer Blutkörperchen
...)
Unter der Rubrik: Was müssen Sie vor der Einnahme von
Novaminsulfon-ratiopharm beachten heißt es:
Novaminsulfon-ratiopharm darf
NICHT eingenommen werden:
- wenn sie ...,
- wenn bei Ihnen eine
Störung der Knochenmarkfunktion, z.B. nach
Behandlung mit Zytostatika (Arzneimittel gegen
Krebsleiden) vorliegt,
- wenn bei Ihnen
Erkrankungen der Blutbildung (Erkrankungen des
hämatopoetischen Systems) vorliegen,
- ...
Unter Ziffer 3 „Wie ist Novaminsulfon-ratiopharm einzunehmen?, heißt es
dann:
Im höheren Lebensalter,
bei reduziertem Allgemeinzustand und bei
eingeschränkter Nierenfunktion
sollte die Dosis vermindert werden ...
Bei Patienten mit schweren Leber- und Nierenfunktionseinschränkungen
liegen zur Daueranwendung
von
Novaminsulfon-ratiopharm derzeit noch keine ausreichenden Erfahrungen
vor.
Der Beipackzettel sowie das Stammblatt des Seniorenheimes werden in der
Anlage überreicht.
III. Medizinische
Folgerungen aus II:
Absolute Contra-Indikation.
Bereits aus den unter II beigebrachten Beweisen ergibt sich, dass die
Vergabe von Metamizol an den Verstorbenen
aus mindestens 3 Gründen
absolut contraindiziert war.
1. Die Verschreibung von Metamizol an den Verstorbenen war absolut
contraindiziert wegen des Myelodysplastisches
Syndrom (MDS, einer Knochenmarkserkrankung, in Verbindung mit einer
Erkrankung der Blutbildung.
Die Verabreichung von Metamizol war absolut contraindiziert in
Verbindung mit dem hohen Lebensalter des Mandanten,
vor allen Dingen aber wegen der Niereninsuffizienz dritten Grades,
welche bedeutete, dass die Filterfunktion der
Niere unter oder maximal bei 30 % der Normalleistung einer Niere lag.
Mit der spätestens ab dem 10.9.2011 einsetzenden Dauermedikation der
Verabreichung von 2.000 mg. Novalgin täglich,
wurde dem Verstorbenen gegenüber objektiv ein medizinisches
„Todesurteil“
und eine „medizinische Hinrichtung in Raten“ gefällt.
Die im Beipackzettel mitgeteilten Standards sind Standards jeden
medizinischen Wissens und sind bei jedem Arzt,
insbesondere aber bei Dr. #1
und den angezeigten weiteren Ärzten
des Klinikums Harlaching vorhanden.
Dass der angezeigte Dr. #1
um die Vorerkrankungen des Verstorbenen
wusste, ergibt sich zwingend aus seinem
Schreiben vom 30.8.2011 an RA M. Bäumker, welches in der Anlage
überreicht wird und zum Gegenstand des
diesseitigen Vortrages gemacht wird.
In diesem Schreiben bestätigt Dr. #1
sein Wissen um die Anämie des
Mandanten und führt zum
Myelodysplastisches Syndrom des Mandanten unter anderem aus:
... bei dem es sich um
eine potentielle maligne Erkrankung handelt, bei
dem das rote Blutbild konstant abnimmt
durch Veränderungen des Knochenmarks und im Verlauf in eine Myelose
oder eine Myelomonozytäre Leukämie übergehen
wird. Hierbei ändert sich nicht der PH-Wert des Blutes, sondern die
Anzahl der roten Blutkörperchen (Erythrozyten)
und hierdurch fällt auch das Hämoglobin ab.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Dass die angezeigten Ärzte des Klinikum Harlaching dies wussten, ist
ebenso sicher.
Nach dem Stammblatt soll die Klinik Harlaching die Verabreichung im
September 2011 angeordnet haben.
Sicher ist jedoch, dass die Klinik Harlaching und die anzeigten Ärzte
spätestens am 18.1.2012 von der
Verabreichung absolut kontraindizierter Medizin in Kenntnis waren.
Das Gutachten des Klinikum Harlaching vom 19.1.2012 wird in der Anlage
überreicht und zum Gegenstand des
diesseitigen Vortrages gemacht. Es heißt auf Seite 1 des Gutachten:
Bestehende Medikation:
Allopurinol 300 ...
Novalgin 500 1-1-1-1, ...
Es heißt dann auf Seite 3 des Entlassungsberichts:
Medikation bei Entlassung:
Dauermedikation unverändert
Damit steht fest, dass die Ärzte des Klinikums Harlaching trotz des
Wissens um die absolute Kontraindikation von
Metamizol bei bestehender MDS und Niereninsuffizienz 3. Grades volle
Kenntnis hatten und nichts unternommen haben,
um eine Änderung herbeizuführen.
IV. Die zusätzliche Gabe
von 750 mg Novalgin am Todestag von John
Demjanjuk
Dr. #1
wusste, dass er mit seiner Verschreibung von 4 x täglich
Novalgin dem Verstorbenen absolut
kontraindizierte Medizin verabreichen ließ, die jederzeit in den
plötzlichen Tod des Verstorbenen umschlagen
konnte, wie aus Ziffer 2 des Beipackzettels von Ratiopharm ersichtlich
(plötzliches Kreislaufversagen infolge
Schockreaktion sowie Gefahr einer Agranulozytose) war.
V. Die Befangenheit der
Gutachter des Instituts für Rechtsmedizin
Dass dem Verstorbenen Metamizol nicht gegeben werden durfte, und zwar
unter gar keinen Umständen, ist
Allgemeinwissen aller Professoren der medizinischen Fakultät der
Ludwig-Maximilian-Universtität München,
insbesondere aber Allgemeinwissen der wegen Befangenheit abgelehnten
Gutachter.
Die Gutachter haben nicht nur festgestellt, dass Metamizol dem
Verstorbenen verschrieben wurde, sondern haben
aktuell Metamizol im Blut des Verstorbenen festgestellt. Sie wussten,
dass die Verabreichung von Metamizol
die Todesursache für den
plötzlichen Tod des Verstorbenen war.
Die Gutachter waren verpflichtet, dieses Wissen im Gutachten zu
offenbaren. Statt dessen haben sie in Kenntnis,
dass sie die Todesursache ermittelt hatten, auf eine Quantifizierung
der Menge des festgestellten Metamizols im
Gegensatz zur durchgeführten Quantifizierung von Metochlopramid
verzichtet und die Bedeutung der Falschmedikation
für den Tod des Verstorbenen verschwiegen.
Dies macht sie
befangen.
Es wird beantragt:
Mit einer neuen
Begutachtung wird ein amerikanischer Sachverständiger
für Pharmakologie und Onkologie beauftragt.
Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass nach diesseits
eingeholter Information Metamizol im
angelsächsischen Bereich nicht eingesetzt werden darf, vielmehr
verboten ist.
VI. Bestätigung des
Herstellers
Der Unterzeichnete hat sich durch Einholung einer Auskunft beim
Herstellers von Novalgin erkundigt.
Der Vorgang wird in der Anlage überreicht und zum Inhalt des
diesseitigen Vortrages gemacht.
Die Frage des Unterzeichneten an den medizinischen Dienst der Firma
Ratiopharm lautete:
Kann ich bei bestehendem
MDS mit progredienter Anämie und
Niereninsuffizienz dritten Grades Ihr Präparat
Novinsulfon-rationpharm 500 mg bedenkenlos einnehmen, eventuell auch
aus Dauerschmerzmittel. Ihr Beipackzettel
sagt nein, mein Arzt hat mir das Mittel verschrieben. Für eine schnelle
Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Die Antwort des Arzneimittelherstellers lautete, formuliert von Dr. #10, Fachreferenz
Medizin:
Sehr geehrter Herr Busch,
Vielen Dank für Ihre freundliche Anfrage.
Sie baten um Auskunft bzw. Bestätigung, ob Novinsulfon-rationpharm 500
mg bei einem Myelodysplastischen Syndrom
angewendet werden darf.
Gerne möchten wir Ihre Frage hiermit beantworten.
Wie Sie schon vermuten und dem Beipackzettel entnommen haben, darf
Novinsulfon-rationpharm 500 mg bei Störungen
der Knochenmarkfunktion oder Erkrankungen des hämatopoetischen Systems
nicht angewendet werden. Hintergrund sind
die unerwünschten Wirkungen des Wirkstoffs Metamizol auf das
blutbildende System.
Nichtsdestotrotz kann ihr Arzt sich – auf seine Verantwortung – über
die Empfehlung eines Herstellers
hinwegsetzen. Bitte besprechen Sie dies nochmals mit Ihrem behandelnden
Arzt.
Dr. #10 /
Facherferent Medizin
Medical Affairs Deutschland / Teva ratiopharm
C.
Zusatzgabe von Novalgin
am Todestag
Was am Todestag geschah, ergibt sich aus der Zeugenvernehmung des
angezeigten Altenpflegers #6
vom
17.3.2012 einerseits, aus einer telefonischen Befragung des Arztes Dr.
med. #1
durch die
Kriminalpolizeiinspektion Rosenheim am 19.3.2012 andererseits.
Beide Unterlagen werden in der Anlage überreicht und zum Inhalt des
diesseitigen Vortrages gemacht.
Die wesentlichen Passagen aus der Zeugenvernehmung #6 werden wie
folgt mitgeteilt:
Blatt 52:
... Gestern, es dürfte so
gegen 23.45 Uhr gewesen sein – klingelte Herr
Demjanjuk. Ich ging kurz darauf in sein
Zimmer, er lag in seinem Bett und klagte über Schmerzen im
Bauchbereich. Genauer konnte er sich nicht
artikulieren, weil er nur englisch und russisch spricht und ich dessen
beiden nicht wirklich mächtig bin. Ich habe
daraufhin Herrn D. #1
– es handelt sich hierbei um den Hausarzt
des Verstorbenen – kontaktiert und dieser hat
gesagt, ich soll ihm 30 Tropfen Novalgil verabreichen, was ich dann
auch gemacht habe.
Später, gegen 2.00 Uhr, war ich erneut im Zimmer und hierbei hat Herr
Demjanjuk geschlafen. ...
Als ich dann erneut gegen 4.50 Uhr – genau müsste man im Computer
nachschauen – in das Zimmer des Herrn Demjanjuk
gekommen bin, wurde er so, wie sich momentan die Auffindesituation
begibt, aufgefunden. Sprich, sein Oberkörper
lehnte leicht nach links aus dem Bett auf das Kissen, welches auf dem
Sessel liegt, auf. ...
Blatt 54:
Frage:
Welche Vorerkrankungen sind Ihnen bei Herrn Demjanjuk bekannt?
Antwort:
Ich kann nur angeben, dass er Gicht hatte und irgendwelche
Blutkrankheiten, wogegen er gespritzt wurde
und – sollte er diese
Spritzen nicht erhalten – hatte sich sein
Allgemeinzustand verschlechtert. Genauere Angaben
müsste aber sein Hausarzt, der Herr Dr. #1, aus Bad
Feilnbach,
machen können.
Die telefonische Befragung des angezeigten Dr. #1, Blatt 61 der
Todesermittlungssache hat im wesentlichen
Folgendes erbracht:
Am 19.3.2012, 9.45 Uhr
wurde mit dem Hausarzt des Verstorbenen
telefoniert. Dieser gab an, dass er als
Todesursache am ehesten einen Zusammenhang mit der Behandlung durch
Erytropoetin vermutet. Hier sind in der
Literatur desöfteren Todesfälle im Zusammenhang beschrieben.
Letzter persönlicher Kontakt mit dem Demjanjuk war lt. Dr. #1 am
Donnerstag, den 15.3.2012. Demjanjuk klagte
hier über Kopfweh, Gliederschmerzen und ein Rumoren im Bauch. Der
Herzschlag waren regelmäßig und es war kein
Fieber feststellbar. Die Symptome wurden durch Dr. #1
zusammenfassend als „Virusinfekt“ deklariert,
allerdings war die Ursache eigentlich nicht ganz klar. Die Symptome
hätten auch von der chronischen Gicht her
kommen können.
In der Nacht von Freitag auf Samstag ist er durch den Pfleger
#6 angerufen
worden. Dieser gab an, dass Herr
Demjanjuk über Brustschmerzen klagt. Der Pfleger #6 sagte weiter,
dass es nicht so schlimm sein kann, da
Demjanjuk bei Verlassen des Zimmers wieder aufhört mit dem Wehklagen.
Die Mitteilung war also nicht so dramatisch und er hätte den Pfleger
daraufhin angewiesen, er solle ihm Novalgin-
Tropfen geben.
Nach den Angaben der beiden Angezeigten steht fest, dass der
Verstorbene an dem Todestag bzw. am Vorabend seines
Todestags vor der Nachtruhe 500 mg Novalgin – absolut kontraindiziert -
bekommen hat.
Es meldete sich dann beim Pfleger und klagte über Bauchschmerzen –
Brustschmerzen. Dabei verstand der Pfleger
wegen seiner fehlenden Kenntnisse der englischen und russischen Sprache
den Verstorbenen nicht oder nicht
ausreichend.
Der Pfleger ruft daraufhin den Hausarzt an und schildert, dass der
Verstorbene über Brustschmerzen klagt. Er
erklärt dem Dr. #1,
die Beschwerden könnten nicht so schlimm sein,
da der Verstorbene bei Verlassen des
Zimmers mit dem Wehklagen aufhöre.
Der Pfleger nimmt somit von vorne herein die Beschwerden des
Verstorbenen weder ernst noch überhaupt auf, sondern
erklärt lapidar, der Verstorbene würde nach seinem Eindruck nicht so
leiden, dass der Arzt kommen müsse oder aber
er den Notarzt rufen müsse. In diesem Augenblick schwang sich der
Pfleger
zum Herrn über Leben und Tod des
Verstorbenen John Demjanjuk auf.
Hätte der Pfleger bei den schweren Vorerkrankungen des Mandanten,
insbesondere bei der ihm bekannten Blutkrankheit
des Mandanten seine Pflicht erfüllt und sofort den Notarzt gerufen,
wäre der Verstorbene ins Krankenhaus
eingeliefert worden und heute noch am Leben.
Statt dessen bewirkt der Pfleger, dass der anzeigte Dr. #1
„fernmündlich“ anordnet, dem verstorbene weitere
750 mg Novalgin – absolut kontraindiziert – zu geben, mithin dem
Verstorbenen mit 1.250 mg Novalgin zur Nachtzeit
zu versorgen, eine absolut kontraindizierte Medizin in einer
Einzelgabe, die gegenüber dem 91-jährigen Patienten
mit maximal 30 % Nierenfunktion absolut unvertretbar war und jederzeit
geeignet war, den eingetretenen Tod
auszulösen.
Angesichts der Vorkenntnis von Dr. #1
über die Kontraindikation
von Novalgin bei den Vorerkrankungen des
Patienten handelte Dr. #1
nach diesseitiger Einschätzung mit
Wissen und Willen um den möglichen Todeseintritt
des Verstorbenen, den er nach Einschätzung der Anzeigenerstatter
billigend in Kauf nahm.
Dr. #1
wusste, dass Novalgin bei den Vorerkrankungen des Patienten
kontraindiziert war, ist bereits oben
bewiesen.
Dr. #1
wusste darüber hinaus, dass die tägliche Normaldosis von
2000 mg Novalgin (4 x 500 mg) angesichts des
Lebensalters und der Einschränkung der Nierenfunktion des Patienten mit
maximal 30 % absolut kontraindiziert war
und zudem eine Überdosis darstellte. Auch die Einzeldosis von weiteren
750 mg Novalgin kurz nach Mitternacht lag
schon um 50 % über der Normaleinzeldosis, im Zusammenhang mit der kurz
vorher eingenommenen Dosis von 500 mg waren
1.250 mg Novalgin in den Körper des Verstorbenen gelangt, mithin 150 %
mehr als die maximale Einzeldosis bei einem
Patienten ohne kontraindizierte Erkrankung.
Dr. #1
musste darüber hinaus den Pfleger anweisen, unmittelbar
nach der Gabe der weiteren Einzeldosis von 750
mg Novalgin den Patienten zu überwachen, insbesondere dessen Blutdruck
fortlaufend zu messen und bei den
geringsten Anzeichen eines Blutdruckabfalls sowohl den Notarzt zu
verständigen als auch die Einweisung des
Patienten in das Krankenhaus zu veranlassen.
Keinesfalls durfte Dr. #1
sich auf die Verabreichung von 30
Tropfen Novalgin beschränken, um dann den
Patienten seinem Schicksal zu überlassen.
Was den Pfleger angeht, musste dieser angesichts der Tatsache, dass er
den Patienten nicht verstand, von vorne
herein dafür sorgen, dass entweder der Hausarzt oder aber ein Notarzt
den Patienten persönlich untersuchte. Der
Pfleger durfte darüber hinaus eine Dosis von 50 % über der Einzeldosis
des Normalfalls bei der ihm bekannten
Bluterkrankung keinesfalls geben, ohne anschließend den Patienten
lückenlos zu überwachen.
Soweit der Pfleger in diesem Zusammenhang behauptet, er habe zwei
Stunden nach der Vergabe von zusätzlichen 750 mg
Novalgin bei einem Rundgang den Verstorbenen schlafend vorgefunden,
wird dies als reine Schutzbehauptung
angesehen.
Dieser Rundgang und die Beobachtung ist computermäßig nicht
dokumentiert, dokumentiert ist erst wieder der
Rundgang, auf dem der Pfleger festgestellt hat, dass inzwischen der
Exitus des Patienten eingetreten war.
Darüber hinaus musste der Pfleger auch von sich aus sowohl vor der
Information an Dr. #1
als auch nach der
Vergabe der Überdosis Novalgin aus den Blutdruck des Patienten
lückenlos kontrollieren und ausschließen, dass
Veränderungen nach der Vergabe der Überdosis zu Lasten des Patienten
eintraten.
Der Pfleger hat im vorliegenden Fall dadurch, dass er den Patienten
seinem Schicksal überlassen hat und diesen als
Simulanten eingeschätzt hat, den Tod des Verstorbenen billigend in Kauf
genommen.
D. Anträge auf Beschlagnahme
Für die Ermittlungen gegen die hier Angezeigten ergibt sich:
- Die Dauervergabe von
Novalgin bei den Vorerkrankungen des Mandanten
war absolut kontraindiziert und jederzeit
geeignet, den Tod des Angeklagten herbeizuführen.
- Die Behandlung des Verstorbenen am 16.3. / 17.3 2012 war weder lege
artis noch überhaupt vertretbar, weder nach
pflegerischen Grundsätzen lege artis noch nach medizinischen
Grundsätzen lege artis.
- Die Zusatzvergabe von 750 mg Novalgin führte, was billigend in Kauf
genommen wurde, offensichtlich direkt zum
Tod des Verstorbenen.
In diesem Zusammenhang wird folgendes beantragt:
Die Staatsanwaltschaft
beschlagnahmt in einer koordinierten zeitgleich
durchgeführten Aktion vor Bekanntgabe der
Vorwürfe unmittelbar nach Eingang dieser Strafanzeige und dieses
Strafantrages folgende Beschlagnahmen:
a.) Sämtliche
Krankenunterlagen des Senioren- und Altenheim St. Lukas
b.) Sämtliche
Pflegerunterlagen des Senioren- und Altenheim St. Lukas
c.) Sämtliche Kranken-
und Patientenunterlagen über den Verstorbenen
bei Dr. #1
d.) Sämtliche Kranken-
und Patientenunterlagen über den Verstorbenen im
Klinikum Harlaching
e.) Sämtliche
Krankenunterlagen der Justizvollzugsanstalt
München-Stadelheim
f.) Sämtliche
Krankenunterlagen des Klinikums Schwabing, Abteilung
Onkologie
g.) Sämtliche
Krankenunterlagen Dr. Stein, Gerichtsarzt im Verfahren
gegen Demjanjuk Landgericht München
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ulrich Busch
Rechtsanwalt